Missbrauchsbetroffene fordern Rücktritt von Bischof Meister

"Nicht die Bedeutung des Themas sexualisierte Gewalt erkannt“

Erneut steht der hannoversche Landesbischof Ralf Meister in der Kritik wegen seines Umgangs mit Missbrauchsfällen. Betroffene fordern in einem Offenen Brief den Rücktritt. Der Geistlich will sich am Nachmittag dazu äußern.

Autor/in:
Michael Althaus
Landesbischof Ralf Meister  / © Wolfgang Radtke (KNA)
Landesbischof Ralf Meister / © Wolfgang Radtke ( KNA )

"Landesbischof Meister hat die Bedeutung des Themas sexualisierte Gewalt nicht erkannt“, schreiben sie in einem am Mittwoch in Hannover veröffentlichten Brief an den Bischof und die Landessynode. "So ein Versagen gefährdet Betroffene, die in der Vergangenheit sexualisierte Gewalt in der Kirche erleben mussten. Es gefährdet auch Kinder und Jugendliche, die heute kirchliche Angebote wahrnehmen, weil Strukturen von Gewalt nicht erkannt und nicht aufgeklärt werden.“ 

Kritik von mehr als 200 Personen 

Bereits am Dienstag hatten mehr als 200 Pastoren, Diakone und weitere Mitarbeiter der hannoverschen Landeskirche den Umgang der Kirchenleitung mit Missbrauchsfällen kritisiert. 

Meister hatte im März persönliche Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen eingeräumt, einen Rücktritt jedoch abgelehnt. Kurz zuvor war eine Studie veröffentlicht worden, die schwere Versäumnisse der Landeskirche im Umgang mit Missbrauchsfällen in Oesede bei Osnabrück belegte. Die betroffene Kirchengemeinde sei auch nach 2020 nicht ausreichend vom Landeskirchenamt unterstützt worden, hieß es darin. Schon damals forderte eine Betroffene, deren Fall in der Studie untersucht wurde, den Rücktritt Meisters.

Betroffene: Bekannte Täter bleiben weiter im Dienst

In dem nun veröffentlichten Brief schreiben die Betroffenen, sie seien von der Landeskirche immer wieder "unprofessionell und unempathisch" behandelt worden. So würden von der 2021 neu aufgestellten Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt Mails nicht oder nur schleppend beantwortet; Betroffenen werde immer noch nicht geglaubt; bekannte Täter blieben weiterhin im Dienst.

Der Brief ist unterzeichnet von Dörte Münch, Horst E., Kerstin Krebs und Katharina Kracht. Sie sprechen nach eigenen Angaben stellvertretend für die Initiative "Sexualisierte Gewalt in der Landeskirche Hannovers: Meisterhafte Vertuschung beenden!".

Kirchenleitung verteidigt den Landesbischof

Die Kirchenleitung stärkte ihrem Landesbischof den Rücken. "Als kirchenleitende Gremien sind wir überzeugt, dass Ralf Meister seiner Verantwortung als Landesbischof gerecht wird, auch, indem er Fehler im Umgang mit Betroffenen eingeräumt und konkrete Verbesserungen eingeleitet hat", heißt es in einer Stellungnahme zu dem Brief.

Meister selbst werde sich wahrscheinlich am Mittwochnachmittag auf der Tagung der Landessynode äußern. Das Kirchenparlament tagt von Mittwoch bis Samstag turnusmäßig im Kloster Loccum bei Hannover.

Es will sich vor allem am Freitag mit Missbrauch beschäftigen. Dann soll es einen Themenschwerpunkt zu „Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Landeskirche“ geben. Als Rednerin wird unter anderen Nancy Janz, eine der Sprecherinnen der Betroffenenvertretung im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) erwartet.

Quelle:
KNA