US-Bistum meldet nach Missbrauchsvorwürfen Insolvenz an

Mindestens 154 Fälle

Wie bei Dominosteinen geht es derzeit bei kalifornischen Bistümern zu: Eins nach dem anderen zieht nach einer neuen Klagewelle die Notbremse und geht ins Insolvenzverfahren. Der neueste Fall: Fresno an der Sierra Nevada.

Stapel aus Euro-Münzen stehen vor einem Holzkreuz und spiegeln sich im dunklen Untergrund  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stapel aus Euro-Münzen stehen vor einem Holzkreuz und spiegeln sich im dunklen Untergrund / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Nach einer Welle neuer Missbrauchsvorwürfe will das kalifornische Bistum Fresno im August Insolvenz anmelden. Das erklärte Bischof Joseph Brennan laut der Zeitung "Los Angeles Times" (Freitagabend Ortszeit). Der Schritt nach dem US-amerikanischen Verfahren "Chapter 11" ermöglichte der Diözese, "die Vorwürfe ehrlich, mitfühlend und gerecht zu behandeln", so Brennan. Die Zahl der gegen sie erhobenen Vorwürfe sexuellen Missbrauchs liege bei mindestens 154 Fällen.

Neues Gesetz in Kraft

Hintergrund der aktuellen Klagewelle ist ein seit Ende 2019 in Kalifornien gültiges Gesetz, das die Verjährungsfristen bei sexuellem Kindesmissbrauch weitgehend abschaffte und eine neue, dreijährige Frist für nachträgliche zivilrechtliche Klagen wegen sexueller Nötigung einräumte. Laut dem Bericht hatte das Bistum Sacramento im April nach 250 neuen Klagen Insolvenz angemeldet, im Sommer 2023 das Erzbistum San Francisco nach mehr als 500 neuen Klagen.

In den USA gibt es zwei unterschiedliche Insolvenzverfahren, die nach den jeweiligen Kapiteln im Konkursrechtsgesetz bezeichnet werden. Während Ziel eines Chapter-7-Verfahrens die Liquidierung eines bankrotten Unternehmens ist, handelt es sich bei Chapter 11 eher um ein Sanierungsverfahren. Es ermöglicht den Bistümern eine Umstrukturierung unter gerichtlicher Aufsicht. Dies soll der Zeitung zufolge sicherstellen, dass alle Opfer entschädigt werden und die Gelder der Kirche nicht von jenen aufgebraucht werden, die den Antrag schneller eingereicht haben.

Opfer werden zu Gläubigern

Die Opfervereinigung SNAP kritisierte, Insolvenz sei nicht die einzige Möglichkeit, bei Klagen faire Entschädigungen zu erzielen. Das Verfahren mache Opfer zu Gläubigern. Zudem seien nun jene, die vor dem Anmeldedatum missbraucht wurden und nichts von dem Verfahren wussten, für immer von Schadenersatz ausgeschlossen. SNAP sprach von einem tatsächlichen, moralischen Bankrott des Bistums.

Das Bistum Fresno hat gut eine Million Katholiken und unterhält 21 Schulen. Bischof Brennan kündigte an, dass keine der katholischen Schulen von der Insolvenz betroffen sein werde.

Bisher drei Bischofsrücktritte wegen Umgang mit Missbrauch

In Deutschland sind bisher drei amtierende Bischöfe oder kirchenleitende Personen wegen Fehlern im Umgang mit dem Missbrauchsskandal zurückgetreten.

Im Juli 2010 trat die Hamburger evangelische Bischöfin Maria Jepsen in Zusammenhang mit einem Missbrauchsskandal zurück. Der damals 65-Jährigen war vorgeworfen worden, 1999 über Fälle sexualisierter Gewalt in einer Kirchengemeinde in Ahrensburg informiert worden zu sein, ohne ausreichende Konsequenzen gezogen zu haben. Ein Ermittlungsverfahren wurde jedoch bald eingestellt, da laut Staatsanwaltschaft kein Gesetzesverstoß vorlag.

Ein Betroffener von sexuellem Missbrauch durch einen katholischen Priester steht in der Kirche, in der das Verbrechen stattgefunden hat. / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Betroffener von sexuellem Missbrauch durch einen katholischen Priester steht in der Kirche, in der das Verbrechen stattgefunden hat. / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA