DOMRADIO.DE: Was überwiegt bei Ihnen gerade Vorfreude oder Anspannung?
Karsten Haug (Fanpastoral des BVB): Noch Vorfreude. Das wird sich spätestens morgen um 21 Uhr erheblich geändert haben.
DOMRADIO.DE: Wie nehmen Sie denn die Stimmung gerade bei den Fans in Dortmund wahr?
Haug: Da kann man schon sagen, dass da Euphorie ist, vielleicht auch eine gewisse Siegesgewissheit. Aber nicht so lapidar, sondern einfach Vorfreude. Also wer hätte gedacht, dass wir überhaupt in dieser Gruppe, die wir hatten, weiterkommen? Und dann noch durchstarten ins Finale. Also spätestens mit dem Halbfinale gegen Paris dachte ich, jetzt ist aus. Na ja.
DOMRADIO.DE: BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl hat gesagt, man wolle mit "viel Vorfreude und dem Glauben, dass wir es schaffen können", in dieses Spiel gehen. Und: "Wir haben in dieser Champions League Saison hervorragende Spiele abgeliefert und wir haben den Glauben, dass wir das am Wochenende auch schaffen können". Da war ja zweimal Glauben in diesem Statement von Sebastian Kehl. Ist der Glaube der Schlüssel zum möglichen Erfolg?
Haug: Vor allen Dingen der Glaube an die eigene Stärke und an die eigene Mannschaftsleistung. Ich denke, wenn man das abrufen kann, was man im Viertelfinale und im Halbfinale abgerufen hat, überhaupt die ganze Champions League Saison, dann hat man durchaus Chancen. Aber da muss ganz viel zusammenkommen. Ich habe noch mal nachgelesen, dass Real Madrid seit Ewigkeiten kein Finale verloren hat.
DOMRADIO.DE: Dann kann es sich ja jetzt ändern, oder?
Haug: Muss es dann wohl!
DOMRADIO.DE: Gehen Sie vorher noch beten, in der BVB-Gründerkirche in der Dreifaltigkeitskirche? Wird da für den Sieg und damit den Champions-League-Titel gebetet?
Haug: Ich persönlich werde auf jeden Fall noch eine Kerze anzünden. Nach den Erfahrungen vom vergangenen Jahr mit dem Spiel gegen Mainz habe ich keinen Gottesdienst angeboten. Dazu bin ich dann doch zu abergläubisch. Da hatten wir ja im Vorfeld einen Gottesdienst, einen Tag vor diesem Meisterschaftsfinale gegen Mainz, und das ging ja völlig in die Hose. Also die Kirche ist geöffnet, die Fans, die noch hier sind, können eine Kerze anzünden und dann schauen wir mal, was da am Samstag rauskommt und eventuell treffen wir uns dann alle am Sonntag.
DOMRADIO.DE: Reden wir vom Fußballgott: Er ist ja nicht nur BVB Fan, er wird ja möglicherweise auch mit Real Madrid sympathisieren. Möglicherweise wird er jetzt nicht den Ausschlag geben?
Haug: Nein, vom Fußballgott habe ich noch nie geredet. Es geht um diesen lebendigen Gott, der uns zusammenführt, der uns Talente und Fähigkeiten gegeben hat, sowohl Fans als auch Spielern, der Mannschaft. Das müssen sie letztlich umsetzen. Es geht beim Fußball immer auch um Fairness, Zusammenkommen, Gemeinschaft und um Frieden im besten Falle. Das wünsche ich mir eigentlich.
DOMRADIO.DE: Wenn das morgen klappen sollte mit einem Sieg der Champions League, mit dem Titel gegen Real Madrid … Was machen Sie dann?
Haug: Dann müssen sich leider die Nachbarn darauf einstellen, dass ich relativ spät die Glocken anmache. Das Spiel ist ja erst um 23 Uhr beendet, vielleicht auch später, das weiß man noch nicht so genau. Und dann werden auf jeden Fall die Glocken läuten. Am Sonntag werden wir dann hier in der Kirche zusammenkommen. Wir werden schon vor dem Korso Begegnungen ermöglichen. Und dann werde ich auf jeden Fall den Korso gucken. Der führt ja fast direkt an der Kirche vorbei.
DOMRADIO.DE: Wir müssen auch an den anderen Fall denken. Wie können Sie die Fans trösten, wenn das schiefgehen sollte?
Haug: Da haben wir ja gute Erfahrungen letztes Jahr gemacht. Ich war zum Borsigplatz gegangen, bin von Fangruppe zu Fangruppe gegangen, war einfach als Seelsorger da, habe mit ihnen gesprochen. Es wird sich spontan ergeben, was dann überhaupt möglich ist, wie so die Stimmung in der Stadt ist.
Das Interview führte Carsten Döpp.
