Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Mein Herr und mein Gott!

Thomas ist die ganze Zeit mit den anderen Jüngern und Jüngerinnen mit Jesus unterwegs gewesen, hat ihn mitreißend predigen gehört, gesehen wie er gelebt, gebetet, gelitten, geglaubt hat, hat mit ihm gegessen und getrunken und Feste gefeiert. Er hat die Wunder erlebt, die in den drei Jahren geschehen sind und alle verblüfft haben. Er ist aber, wie fast alle seiner Kollegen in Panik geflüchtet, als dieser Jesus, an den er geglaubt hat, gepeinigt und gekreuzigt wird. 

Und dann soll er wieder auferstanden sein? Echt jetzt? 

Die anderen Apostel haben ihn gesehen und erzählen es ihm. Aber das geht Thomas jetzt wirklich zu weit. Er entgegnet ihnen ärgerlich und schroff: Wenn ich nicht die Wunden von den Nägeln an seinen Händen sehe und wenn ich das mit meinen Fingern nicht fühlen kann und meine Hand nicht in seine Seite legen darf, glaube ich nicht. Basta. 

Dieses Basta, dieses "dann glaube ich nicht", ist die große Frage des Thomas nach dem, was er denn noch glauben kann und will. Wir sagen schnell, der ungläubige Thomas. 

Aber eigentlich ist es eher anders: weil er glauben möchte, hat er Zweifel. Nur wer wirklich glaubt, hat auch Zweifel. Und acht Tage später ist er doch wieder mit den anderen zusammen. Und Jesus kommt dazu und spricht ihn an: Leg Deine Hände in meine Wunden und sei nicht ungläubig, sondern gläubig. 

Weil Jesus die Zweifel des Thomas ernst nimmt und kennt, kann er ihm genau die Zeichen geben, die er braucht, um glauben zu können. Er darf es quasi be-greifen – anfassen – antippen – erfühlen und damit verstehen. Und dann kommt das eigentlich Große dieses angeblichen Zweiflers. Er kann ganz beeindruckt bekennen und trotzdem ganz einfach sagen: Mein Herr und mein Gott. Er sagt nicht: Du bist der Herr und Gott. Er bekennt: Mein Herr und mein Gott. Für mich ist das Beispiel des Thomas gerade im Moment der Krise der Kirchen eine Antwort: Kann ich sagen und bekennen: Mein Herr und mein Gott? 

Da ist nicht der perfekte, strahlende, zweifelsfreie Glaube gemeint, der über allem schwebt und durch keine Katastrophe angefragt werden kann, sondern der oft haltlose, der zweifelnde, der verzweifelte aber immer suchende Glaube, auf der Suche nach meinem Herrn und meinem Gott.

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