Ungarischer Bischof warnt vor "Nationalisierung der Kirchen"

Russische Tendenzen im Osten

5.000 Protestanten tagen am Wochenende in Frankfurt an der Oder. Dort äußerte sich ein ungarischer Bischof besorgt über nationalistische Tendenzen in den Kirchen Osteuropas. Manche würden russische Propaganda übernehmen wollen.

Symbolbild Russisch-orthodoxer Priester / © Natalia Kirsanova (shutterstock)
Symbolbild Russisch-orthodoxer Priester / © Natalia Kirsanova ( shutterstock )

Vor einer "Nationalisierung der Kirchen" warnt der Leitende Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn, Tamas Fabiny. Dies sei in Osteuropa eine der größten Versuchungen, sagte er am Samstag in Frankfurt an der Oder. Viele Ungarn würden gerne den vom russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. geprägten Begriff des "Heiligen Kriegs" in der Ukraine übernehmen. "Wir müssen eindeutig sagen, dass das falsch ist", so Fabiny.

"Wir in der lutherischen Kirche sind stolz darauf, dass wir eine bunte Kirche sind - auch in der Frage der nationalen Identität", sagte der Geistliche. Viele osteuropäische Kirchen seien immer in der Versuchung, triumphalistisch oder paternalistisch zu sein." In ihnen fehle es an Demut und Empathie. Fabiny äußerte sich bei den "Christlichen Begegnungstagen". An der bis Sonntag andauernden Veranstaltung nehmen rund 5.000 protestantische Christen aus Deutschland, Polen und weiteren mittel- und osteuropäischen Ländern teil.

Kirche als Teil der Zivilgesellschaft 

Der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack hob hervor, dass es in Osteuropa bis heute einen Zusammenhang zwischen der Mitgliedschaft in einer Kirche und dem Bejahen der Demokratie gebe. Eine Ausnahme bilde nur die Ukraine: Ursache sei, dass die Religion dort zu großen Teilen mit der Religion Russlands übereinstimme. "Es gibt zwar einen positiven Zusammenhang zwischen Nationalstolz, Demokratie und religiöser Zugehörigkeit", sagte Pollack. "In der Ukraine ist das aber abgeschwächt." Die Kirche in Russland und die Bejahung des Ukraine-Kriegs durch Kyrill zeige, dass man eine Sakralisierung des Nationalen vermeiden müsse.

Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, sieht in der Jugendarbeit der Kirchen einen wichtigen Beitrag für die Demokratie. "Wir bieten Jugendlichen einen geschützten Raum, wo sie demokratische Prozesse ausprobieren können." Als Teil der Zivilgesellschaft müsse sich die Kirche in politische Prozesse einbringen - auch stellvertretend für jene, die selbst dazu nicht in der Lage seien.

Quelle:
KNA