Soziologe empfiehlt Erhalt kleinerer Gemeinden

Eine "Heimat, die die Welt sortiert"

Die Kirchen in Deutschland sollten nach Ansicht des Magdeburger Religionssoziologen Jochen Töpfer besser eine kleinräumige Struktur ihrer Gemeinden erhalten. Ein enger Kontakt zu Pfarrerinnen und Pfarrern halte Menschen in der Kirche.

Autor/in:
Nils Sandrisser
Eine Dorfkirche auf dem Land / © Pyty (shutterstock)

"Für viele Leute ist das am wichtigsten", sagte Töpfer dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Töpfer hat zu den Gründen, warum Menschen in der Kirche bleiben, geforscht. Eine Studie dazu ist noch nicht veröffentlicht. Derzeit legen die Kirchen in Deutschland vielerorts Gemeinden zusammen. 

Zurückgehende Mitgliederzahlen und fehlender Pfarrernachwuchs

Gründe dafür sind zurückgehende Mitgliederzahlen, aber auch fehlender Pfarrernachwuchs. "Die Kirchen müssten sich interessanter machen für die theologische Ausbildung", empfahl Töpfer.

Wichtige Daten aus der Mitgliederstudie der Kirchen im November 2023

Die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland haben erstmals eine gemeinsame Mitgliederuntersuchung vorgelegt. Forsa hatte dafür im Herbst 2022 insgesamt 5.282 repräsentativ ausgewählte Menschen über 14 in Deutschland befragt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt wichtige Zahlen und Fakten aus der Studie:

Gottesdienstbesucher / © Corinne Simon (KNA)
Gottesdienstbesucher / © Corinne Simon ( KNA )

Es gebe weitere Gründe, warum Menschen aus der Kirche nicht austreten, sagte Töpfer. Die Studie habe verschiedene Typen identifiziert, denen unterschiedliche Dinge wichtig waren. So gebe es etwa die Gruppe der werteorientierten Gläubigen, denen die Kirchen als Vermittler von gemeinsamen Werten wichtig seien.

Anderen sei die innere Diversität und die Gleichberechtigung in den Kirchen wichtig, erläuterte der Religionssoziologe. Für die Gruppe der lokal Verankerten wiederum bedeute die Gemeinde eine "Heimat, die die Welt sortiert" und Festigkeit in einer sich ändernden Welt gebe. 

Kirchen als Hilfe zum Selbstfindungsprozess

Musik als Transportmedium für Glaube und Geschichte sei für andere wichtig. Außerdem gebe es eine spirituell orientierte Gruppe, für die Kirchen eine Hilfe zum Selbstfindungsprozess seien.

Die Gruppe der sogenannten Mystiker schätze die Kirchen als Institutionen, die über Jahrtausende Geschichten weitergäben. Diese Gruppe sei in Bezug auf Wandlungsprozesse recht ambivalent: "Sie wissen, dass die Kirchen sich in der heutigen Zeit wandeln müssen, aber sie haben auch Angst, dass das zu schnell passiert", beschrieb Töpfer diese Gruppe.

Kaum Unterschiede zwischen evangelischen und katholischen Christen

Kaum Unterschiede gebe es dabei zwischen evangelischen und katholischen Christen, sagte der Forscher. Die katholische Kirche müsse allerdings in Fragen der Politik mehr Spannungen aushalten: "In der katholischen Kirche gibt es eine stärkere Fraktion als in der evangelischen, die findet, man solle sich aus der Politik heraushalten." 

Dass die deutschen Bischöfe eine Wahlempfehlung gegen die AfD ausgesprochen haben, gefalle sicher nicht allen. Protestanten hätten mit politischer Positionierung ihrer Kirche weniger Probleme.

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist die Gemeinschaft der 20 evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik. Wichtigste Leitungsgremien sind die EKD-Synode mit ihren Mitgliedern, die Kirchenkonferenz mit Vertretern der Landeskirchen sowie der aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Rat. Sitz des EKD-Kirchenamtes ist Hannover.

Synode der EKD / © Norbert Neetz (epd)
Synode der EKD / © Norbert Neetz ( epd )

 

Quelle:
epd