Sozialverband erkennt keinen Plan hinter der Pflegereform

"Lauterbach hat kein Geld"

Wer bezahlt die Pflege in einer immer älter werdenden Gesellschaft? Darüber gibt es heftigen Streit. Sozialverbände warnen vor "sozialem Sprengstoff ungeahnten Ausmaßes", weil Pflegebedürftige trotz Zuschüssen immer mehr zahlen müssen.

Autor/in:
Christoph Arens
Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, auf dem Weg zum Rednerpult im Bundestag. / © Hannes P. Albert (dpa)
Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, auf dem Weg zum Rednerpult im Bundestag. / © Hannes P. Albert ( dpa )

"Sozialen Sprengstoff ungeahnten Ausmaßes" befürchtet der Sozialverband Deutschland bei der Finanzierung der Pflege in Deutschland. Die Vorsitzende Michaela Engelmeier hält die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für eine Pflegereform im Herbst für nicht umsetzbar. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) sagte sie: "Im Haushalt 2025 ist dafür gar nichts vorgesehen. Wie Minister Lauterbach unter diesen Umständen noch eine Reform auf den Weg bringen will, ist mir schleierhaft."

Der SPD-Politiker hatte angesichts gestiegener Kosten bei der Heimunterbringung von Pflegebedürftigen eine Obergrenze des Eigenanteils angekündigt. Außerdem will er dafür sorgen, dass Investitionskosten in den Heimen von den Bundesländern übernommen werden.

Forderung nach Pflegevollversicherung für alle

Engelmeier mahnte angesichts der hohen Kosten, die Pflegebedürftige in Heimen aus eigener Tasche zahlen müssen, eine umfassende Reform an: "Viele Pflegebedürftige, die eine kleine Rente haben, müssen bis zu 3.200 Euro im Monat im Heim trotz Zuschüssen dazu zahlen. Das kann sich niemand mehr leisten, wenn durchschnittliche Renten von 1.200 Euro die Regel sind", sagte sie. "Die Politik fährt die Pflege sehenden Auges gegen die Wand."

Eine Pflegerin und eine Heimbewohnerin schauen zusammen aus einem Fenster im Wohnbereich des Pflegeheims / © Tom Weller (dpa)
Eine Pflegerin und eine Heimbewohnerin schauen zusammen aus einem Fenster im Wohnbereich des Pflegeheims / © Tom Weller ( dpa )

Engelmeier erneuerte die Forderung nach einer Pflegevollversicherung, in die alle einzahlen müssen - auch Beamte und Selbständige. "Sonst kollabiert das System", sagte sie der Zeitung. Außerdem müsste es einen "angemessenen Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen geben". Die Länder müssten "ihren Verpflichtungen nachkommen und die anfallenden Investitionskosten übernehmen".

Weitere Unterstützungen möglich

Die privaten Krankenversicherungen hatten zuvor eine Obergrenze für Eigenanteile in Alten- und Pflegeheimen abgelehnt. Der Direktor des Verbands der Privaten Krankenversicherung, Florian Reuther, sagte dazu, Obergrenzen für die Eigenanteile wären eine unbezahlbare Sozialpolitik mit der Gießkanne. Sie gingen auf Kosten von Beitrags- und Steuerzahlern und vor allem auf Kosten der Jüngeren, während davon auch Menschen mit Privatvermögen profitierten. 

"Fast 70 Prozent der Rentnerhaushalte können sich aus ihrem Einkommen und Vermögen einen Platz im Pflegeheim für mehrere Jahre leisten", so der Sprecher der Privaten Krankenversicherungen. "Für alle anderen garantiert die Sozialhilfe gezielte Unterstützung nach Bedürftigkeit."

Lasten generationsgerecht verteilen

Anfang Juli hatte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa vorgeschlagen, dass Senioren, die über ein gewisses Vermögen verfügen, mehr in die Pflegekassen einzahlen sollten. Die Lasten dürften nicht allein auf die junge Generation geschoben werden und Wohlhabende verschonen.

Eva-Maria Welskop-Deffaa / © Gordon Welters (KNA)
Eva-Maria Welskop-Deffaa / © Gordon Welters ( KNA )

Am Donnerstag hatte der Verband der Ersatzkassen mitgeteilt, dass Pflegebedürftige in Heimen immer tiefer in die eigene Tasche greifen müssten. So zahlen die zu Pflegenden im Bundesdurchschnitt zum Stichtag 1. Juli monatlich einen Eigenanteil von 2.871 Euro im ersten Aufenthaltsjahr. Das sind 211 Euro mehr als ein Jahr zuvor. Im zweiten Aufenthaltsjahr beträgt die monatliche Eigenbeteiligung aktuell 2.620 Euro, ein Plus von 233 Euro. 

Quelle:
KNA