Papst fordert universellen Dialog für Ende der Konflikte

"Wir erleben einen Weltkrieg auf Raten"

Papst Franziskus hat in einem neuen Interview zu einer globalen Kraftanstrengung für ein Ende der vielen Konflikte aufgerufen. "Wir erleben einen Weltkrieg auf Raten", so der Papst. Ein Dialog könne nicht nur national geführt werden.

Papst Franziskus in Marseille / © Lola Gomez/CNS photo (KNA)
Papst Franziskus in Marseille / © Lola Gomez/CNS photo ( KNA )

Ein Dialog müsse in globaler Perspektive geführt werden; "deshalb spreche ich von universellem Dialog, universeller Harmonie, universeller Begegnung". Das sagte das Kirchenoberhaupt in dem am Montagabend (Ortszeit) veröffentlichten Gespräch mit der staatlichen argentinischen Nachrichtenagentur TELAM.

Der Gegensatz davon sei natürlich Krieg. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis heute gebe es überall Kriege. "Das hat mich zu der Aussage veranlasst, dass wir einen Weltkrieg auf Raten erleben." Das Interview wurde laut TELAM bereits Ende September ausgezeichnet, also vor dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel.

Franziskus warnte vor "messianischen Clowns"

Indirekt äußerte sich der Papst auch zu den bevorstehenden Präsidentenwahlen in seinem Heimatland Argentinien. Ohne den radikal-marktliberalen Kandidaten Javier Milei beim Namen zu nennen, warnte Franziskus vor "messianischen Clowns", die schnelle Lösungen versprächen.

"Manchmal klammern sich Jungen und Mädchen an Wunder, an eine messianische Lösung der Dinge", so Franziskus. Aber es gebe nur einen Messias; "die anderen sind alle messianische Clowns". Manchmal, so der 86-Jährige, erinnere ihn das an Leute wie den Rattenfänger von Hameln, der mit seinem Flötenspiel die Menschen verzaubere - die dann aber ertränken.

Milei kritisierte Franziskus mehrfach scharf 

Milei hatte Franziskus wiederholt scharf kritisiert. Er warf dem Papst etwa vor, die Linksdiktaturen in Lateinamerika nicht klar genug zu verurteilen. Die Wahlen in Argentinien finden am Sonntag statt.

Milei führt laut Umfragen knapp vor dem peronistischen Regierungskandidaten Sergio Massa und der konservativen Herausforderin Patricia Bullrich. 

Papst will Angehörige von Hamas-Geiseln treffen

Offenbar möchte Papst Franziskus die Angehörigen von Hamas-Geiseln treffen. Laut der katholischen Zeitung "Avvenire" (Dienstag) unter Bezug auf Aussagen eines portugiesischen Journalisten, der sich derzeit in Israel aufhält: Henrique Cymerman sagte demnach, er habe am Samstag mit dem Papst telefoniert.

Laut Cymerman will Franziskus der Bitte um eine Audienz für Familienangehörige von Hamas-Geiseln entsprechen. Der Termin solle bereits an diesem, spätestens am darauf folgenden Wochenende stattfinden, so der Journalist.

Der Vatikan hat bislang keine solche Audienz angekündigt. Mehrfach hatte der Papst die Freilassung der Entführten im Gazastreifen gefordert. Am Montag hatte sich der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, zum Austausch gegen Geiseln der Hamas angeboten.

Wird der Papst zur UN-Klimakonferenz nach Dubai reisen?

Laut einem weiteren Medienbericht soll Papst Franziskus Ende November zur Weltklimakonferenz nach Dubai reisen. Das katholische Online-Portal The Pillar berichtet über entsprechende Informationen aus Vatikankreisen.

Franziskus hatte selbst Anfang August im Interview einer spanischen Zeitschrift gesagt, der Heilige Stuhl organisiere derzeit ein Friedenstreffen mit Religionsführern vor Beginn der Konferenz. Sein Chefdiplomat, Kardinal Pietro Parolin, koordiniere diese Initiative.

Die UN-Klimakonferenz findet von 30. November bis 12. Dezember in dem Emirat statt. The Pillar berichtet, dass eine ursprünglich für 30. November geplante Papstaudienz mit Organisatoren des Weltjugendtags abgesagt worden sei. Das Portal mutmaßt, dass Franziskus nicht die gesamte Konferenz hindurch in Dubai bleiben werde, aber zu Beginn einen Appell an die Weltöffentlichkeit richten könnte.

Franziskus hatte in einem kürzlich veröffentlichen Mahnschreiben betont, dass die Klimakonferenz COP28 in Dubai ein Erfolg werden müsse. In dem Dokument "Laudate Deum" (Lobet Gott) ruft er zu mehr Anstrengungen für den Klimaschutz auf.

COP28 könne zur Beschleunigung der Energiewende führen

Wenn der Mensch über seine kleinen Interessen hinausgehe, könne die COP28 zu einer deutlichen Beschleunigung der Energiewende mit wirksamen Verpflichtungen führen, schreibt der Papst und fügt hinzu: "Diese Konferenz kann ein Wendepunkt sein."

Zuletzt war Franziskus Ende 2022 auf die Arabische Halbinsel ins Königreich Bahrain gereist. 2019 besuchte er Abu Dhabi, die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate.

Am Dienstag wurden zudem Spekulationen über einen baldigen Papstbesuch in Argentinien wieder lauter. Grund war ein Interview der staatlichen argentinischen Nachrichtenagentur TELAM, in dem der 86-Jährige erneut über seinen Wunsch sprach, 2024 in sein Heimatland zu reisen. Bei seiner Rückkehr aus Marseille Ende September hatte Franziskus erklärt, für 2023 seien keine Auslandsreisen mehr geplant.

Papst Franziskus will doch in seine Heimat Argentinien reisen

Außerdem hat Papst Franziskus gegenüber TELAM seinen Wunsch nach einer möglichen Argentinien-Reise bekräftigt. Er sagte, er würde sein Heimatland gerne besuchen. Das hatte das Kirchenoberhaupt bereits mehrfach geäußert.

Im Gespräch war zuletzt eine mögliche Reise im nächsten Jahr. Seit einigen Monaten hielt er sich aber mit einer weiteren Planung aus gesundheitlichen Gründen zurück. Offiziell bestätigte Auslandsreisepläne gibt es derzeit nicht.

Auch Indien und Kosovo möglich?

Indien und Kosovo hatte Franziskus als mögliche kommende Ziele bei früheren Gelegenheiten erwähnt. Im aktuellen Interview fielen diese Ländernamen allerdings nicht. Er habe noch Papua-Neuguinea vor sich, sagte er in dem Ende September im Vatikan geführten Gespräch.

Im Scherz fügte er hinzu: "Aber jemand hat mir gesagt, dass ich, wenn ich schon nach Argentinien fliege, einen Zwischenstopp in Rio Gallegos einlegen, dann zum Südpol fahren, in Melbourne landen und Neuseeland und Australien besuchen soll."

Das Zustandekommen einer Reise unterliege keinem Automatismus, betonte Franziskus. Es komme immer auf den Einzelfall an. Von der Liste möglicher Ziele seien einige auch von ihm selbst ausgewählt, wie beispielsweise unlängst die Mongolei. Es gebe immer eine Einladung, und dann sei da noch die Intuition des Augenblicks, erklärte der 86-Jährige. Jede Entscheidung für ein Reiseziel sei einzigartig.

Der Vatikan und der Nahost-Konflikt: eine Chronologie

Im Nahen Osten herrscht wieder Krieg. Auch der Vatikan ist seit über 100 Jahren auf diesem heiklen diplomatischen Parkett unterwegs. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt zentrale Wegmarken:

1904: Theodor Herzl versucht, den Vatikan für eine Heimstatt der Juden in Palästina zu gewinnen. Papst Pius X. entgegnet laut Herzls Notizen: "Wir können die Juden nicht abhalten, nach Jerusalem zu kommen; aber begünstigen können wir es niemals."

Papst Benedikt XVI. an der Klagemauer am 12. Mai 2009 in Jerusalem / © AVI OHAYON GPO (KNA)
Papst Benedikt XVI. an der Klagemauer am 12. Mai 2009 in Jerusalem / © AVI OHAYON GPO ( KNA )
Quelle:
KNA