Jürgen Habermas wird 95 Jahre alt

"Öffentlicher Intellektueller"

Er verband die philosophische Analyse mit den modernen Sozialwissenschaften. Jürgen Habermas ist Deutschlands führender Intellektueller. Auch mit Joseph Ratzinger debattierte er über Religion und Kultur. Jetzt wird er 95 Jahre alt.

Jürgen Habermas / © Heike Lyding (KNA)
Jürgen Habermas / © Heike Lyding ( KNA )

Der Philosoph Jürgen Habermas wird an diesem Dienstag 95 Jahre. Wie kaum ein anderer Denker hat er die Bundesrepublik mit seinen Gesellschaftstheorien und Stellungnahmen zu aktuellen Themen geprägt. Der "öffentliche Intellektuelle" lebt am Starnberger See. Geboren wurde Habermas am 18. Juni 1929 in Düsseldorf. Er studierte Philosophie, Geschichte, Psychologie, Deutsche Literatur sowie Ökonomie in Göttingen, Zürich und Bonn.

Der Demokratie verpflichtet

Auf Einladung von Theodor W. Adorno begann er in den 1950er Jahren am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main. Adorno bahnte ihm den Weg zur linken kritischen Gesellschaftstheorie der "Frankfurter Schule", deren Programm er weiterentwickelte. Habermas wollte Fundamente für eine der Demokratie verpflichtete Gesellschaftstheorie legen. Er verband die philosophische Analyse mit den modernen Sozialwissenschaften.

Bedeutende Werke von ihm sind "Theorie des kommunikativen Handelns" (1981) und "Strukturwandel der Öffentlichkeit" (1962/1990). Seine Schriften sind grundlegend für Philosophie und Soziologie, beeinflussten aber zum Beispiel auch die Linguistik.

Prägender Philosoph der Gegenwart

Neben zahlreichen Auszeichnungen – darunter der Heine-Preis – und Ehrendoktorwürden im In- und Ausland erhielt Habermas 2001 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Die Jury würdigte ihn als den prägendsten deutschen Philosophen der Gegenwart.

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Die Welt scheint aus den Fugen geraten zu sein. Nicht nur wegen der schrecklichen Kriege, Konflikte und Klimaveränderungen. Sondern auch, weil die großen Werte der Aufklärung – Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit – in der Krise sind. Die Ermordung des Schwarzen George Floyd durch einen weißen Polizisten in den USA 2020 hat diese Krise befeuert. Ist die universale Vernunft, die seit dem 18. Jahrhundert von liberalen Intellektuellen hochgehalten wird, in Wahrheit eine Form rassistischer und kolonialer Unterdrückung?

Porträt Immanuel Kant von Gottlieb Doebler (1724-1804), Öl auf Leinwand, in der Bundeskunsthalle in Bonn / © Bernward Loheide (KNA)
Porträt Immanuel Kant von Gottlieb Doebler (1724-1804), Öl auf Leinwand, in der Bundeskunsthalle in Bonn / © Bernward Loheide ( KNA )
Quelle:
KNA