Islamischer Religionsunterricht steckt in der Krise

Kein Geld und keine Lehrer

Der islamische Religionsunterricht steckt nach Ansicht der Religionspädagogin Annett Abdel-Rahman in der Krise. In Niedersachsen etwa fänden ausgebildete Lehrkräfte keine Stelle, obwohl einige Schulen Bedarf angemeldet hätten.

Autor/in:
Martina Schwager
Islamunterricht an Schulen / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Islamunterricht an Schulen / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

Das sagte die Professorin am Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. In der Folge wollten immer weniger junge Menschen das Fach studieren.

Obwohl einige Schulen Bedarf anmeldeten, würden Stellen aus Geldmangel nicht ausgeschrieben, sagte die Wissenschaftlerin. Andere Schulen weigerten sich, islamischen Religionsunterricht anzubieten, weil sie nicht zum Anziehungspunkt für muslimische Schülerinnen und Schüler werden wollten.

In den meisten anderen Bundesländern stagniere die Entwicklung ebenfalls, sagte Abdel-Rahman. In den Ministerien werde sich nicht mehr gekümmert oder sogar blockiert und gebremst. Niedersachsen etwa habe die Stelle der Landeskoordinatorin für den islamischen Religionsunterricht, die sie selbst bis vor einem Jahr innegehabt habe, bislang nicht wiederbesetzt, so die Religionspädagogin. Eine Fachberatung existiere nicht.

Rückkehr zum staatlich verantworteten Islamkunde-Unterricht

Nordrhein-Westfalen erwecke den Anschein, als ob das Land nach Auslaufen des Modellprojekts mit bekenntnisorientiertem Unterricht, der von muslimischen Verbänden verantwortet wird, im kommenden Jahr wieder zum staatlich verantworteten Islamkunde-Unterricht zurückkehren werde. In Bayern werde immer noch nur Islamkunde angeboten, sagte Abdel- Rahman. Die Expertin veranstaltet gemeinsam mit der Evangelischen Akademie Loccum vom 3. bis zum 6. Juni eine Tagung zum islamischen Religionsunterricht.

Da bekenntnisorientierter Religionsunterricht sogar in Artikel 7 des Grundgesetzes verankert ist, empfänden viele Muslime die Situation als diskriminierend, zumal ihre Zahl in Deutschland stetig wachse, betonte Abdel-Rahman. Weil Antisemitismus und muslimischer Rassismus in der Gesellschaft weiter zunähmen, sei der islamische Religionsunterricht wichtiger denn je: "Dort ist der Raum, um all diese Themen zu diskutieren und den Kindern und Jugendlichen Maßstäbe für eine eigene Wertebildung an die Hand zu geben."

Islamischer Religionsunterricht

Islamischer Religionsunterricht in öffentlichen Schulen wird in unterschiedlichen Modellen in neun  Bundesländern angeboten. Lediglich in den neuen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen gibt es keine Angebote für muslimische Kinder und Jugendliche. Etwa 69.000 Schülerinnen und Schüler besuchen in Deutschland islamischen Religionsunterricht (Stand Juli 2023).

Islamunterricht / © Marius Becker (dpa)
Islamunterricht / © Marius Becker ( dpa )
Quelle:
epd