Franziskaner-Kustos aus Guinea-Bissau bittet um Spenden

"Wir zeigen, wie gutes Zusammenleben geht"

Guinea-Bissau ist eines der ärmsten Länder der Welt und schwer vom Klimawandel betroffen. Warum die Franziskaner für ihre Arbeit im Bereich Bildung und Gesundheit weitere Unterstützung brauchen, erklärt Bruder Armando Cossa.

Symbolbild Straßenszene in Guinea-Bissau / © EdwardsMediaOnline (shutterstock)
Symbolbild Straßenszene in Guinea-Bissau / © EdwardsMediaOnline ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie sieht die Situation in Guinea-Bissau gerade aus? 

Bruder Armando Cossa (Kustos der OFM-Kustodie "São Francisco de Assis in Guinea-Bissau“): Guinea-Bissau erlebt einen schwierigen Moment. Denn infolge der unstabilen politischen Situation ist die Wirtschaft sehr geschwächt und damit hat sich auch die soziale Lage stark verschlechtert.  

DOMRADIO.DE: Wie äußert sich das? 

Armando Cossa, Franziskanerpater aus Guinea Bissau / © Dominik Becker (DR)
Armando Cossa, Franziskanerpater aus Guinea Bissau / © Dominik Becker ( DR )

Br. Armando: Das erleben wir jeden Tag bei unserer franziskanischen Arbeit. Denn neben der Evangelisierung ist soziales Engagement unsere wichtigste Aufgabe. Und da ist die Nachfrage riesengroß, von allen Seiten. Von Christen natürlich, aber genauso von Muslimen und Animisten. Und weil wir niemanden von unseren Bildungs- und Gesundheitsangeboten ausschließen, kommen wirklich alle zu uns. Das zeigt, wie groß der Bedarf ist.  

DOMRADIO.DE: In Guinea-Bissau sind etwa 22 Prozent der Bevölkerung Christen, 45 Prozent Muslime und 15 Prozent Anhänger afrikanischer Religionen. Wie läuft das Zusammenleben? 

Br. Armando: Das Zusammenleben der Angehörigen unterschiedlicher Religionen ist bei uns in Guinea-Bissau traditionell sehr gut. Oft gibt es in ein und derselben Familie sowohl Christen und als auch Muslime und Animisten. Das ist auch in meiner Familie so. Außerdem habe ich viele muslimische Freunde, aber eben auch Animisten. In letzter Zeit gab es ab und an religiöse Reibereien vor allem in den größeren Städten. Aber da waren meist Menschen beteiligt, die von außerhalb gekommen sind. Das ist nicht typisch für unsere Kultur in Guinea. 

Armando Cossa

"Wir bekommen den Klimawandel direkt zu spüren."

DOMRADIO.DE: Zu den großen Herausforderungen für Guinea-Bissau gehören die Folgen des Klimawandels. Was heißt das genau? 

Br. Armando: Wir bekommen den Klimawandel direkt zu spüren; wir gehören zu den Regionen, die am stärksten gefährdet sind und das wird am greifbarsten durch den Anstieg des Meeresspiegels. An der Küste werden regelmäßig Reisfelder überflutet und vom Salzwasser zerstört. Da müssen wir alles tun, um diese Felder zu schützen und die Nahrungsmittelversorgung zu sichern. 

Kirche in Guinea-Bissau / © jeffgomes (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielen die Franziskaner in Guinea-Bissau? 

Br. Armando: Die Geschichte der Franziskaner in Guinea-Bissau ist lang. Im 17. Jahrhundert kamen portugiesische Franziskaner ins Land und haben mit den Menschen gearbeitet. Aber sie waren nur wenige und erst einmal ging mit ihnen die Franziskanermission vor Ort zu Ende. Bis 1933 eine zweite Gruppe von Franziskanern und schließlich 1955 die italienischen Franziskaner kamen. Sie haben das Lepra-Krankenhaus in der Nähe der Hauptstadt aufgebaut, um dem großen Problem der Zeit damals zu begegnen. 

Das Krankenhaus gibt es noch immer und es genießt einen guten Ruf über die Landesgrenzen hinweg, wir können dort heute gute medizinische Versorgung in unterschiedlichen Bereichen anbieten. Auch Patienten aus den Nachbarländern kommen zur Behandlung her. Um das Hospital herum ist ein Dorf ehemaliger Leprapatienten entstanden, das wir Franziskaner ebenfalls betreuen. 

DOMRADIO.DE: Das heißt, Lepra spielt noch immer eine Rolle?

Br. Armando: Leider ja. Und in letzter Zeit sind die Fallzahlen wieder gestiegen. Also kümmern wir uns auch heute noch um Leprakranke. Außerdem gibt es in jeder unserer Missionen eine Anlaufstelle für unter- oder mangelernährte Kinder. Bis heute liegt unser Schwerpunkt neben der Evangelisierung auf Sozialarbeit im Bildungs- und Gesundheitsbereich. 

Auf unsere Schulen gehen zum Beispiel nach den letzten Erhebungen 7.000 Kinder (diese Zahl berücksichtigt nicht die Schulen der Franziskanerinnen). Zu unserer großen Familie der Franziskaner gehören ja auch die Franziskanerinnen, die in Guinea-Bissau vor allem auf dem Land tätig sind und sich besonders den Ärmsten der Armen widmen. Was den männlichen Zweig der Franziskaner angeht, sind wir im Moment 44 Brüder. Die meisten stammen aus Guinea-Bissau, anderen afrikanischen Ländern oder Brasilien. Unter den unseren Schwestern sind besonders viele Brasilianerinnen. Wir sind eben eine internationale Familie.

DOMRADIO.DE: Sie sind zum ersten Mal überhaupt nach Deutschland gekommen. Was war das Ziel Ihres Besuchs?

Br. Armando: Für all unsere wichtigen Aufgaben in Guinea-Bissau bekommen wir so viel Unterstützung aus der Missionszentrale der Franziskaner in Bonn, also mit Spenden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dafür wollte ich mich persönlich bedanken, denn ohne diese Hilfe wäre unsere Arbeit schlicht nicht möglich. 

Auch bei der deutschen Regierung möchte ich mich für ihre Unterstützung bedanken. Denn auch sie haben uns sehr geholfen, indem sie Deiche gegen die Überflutung finanziert haben. In Zusammenarbeit mit der Missionszentrale sichern sie so die Ernährung der Menschen in Guinea-Bissau. Außerdem wollte ich weitere Organisationen und potenzielle Partner kennenlernen, um unsere Arbeit vor Ort voranzubringen. 

Armando Cossa

"Ich glaube, wir geben in Sachen friedliches Zusammenleben mit anderen Religionen ein gutes Vorbild ab."

DOMRADIO.DE: Was ist Ihr erster Eindruck von Deutschland? 

Br. Armando: Ich bin hier sehr gut aufgenommen worden und habe viele nette Leute getroffen. Mein Eindruck ist sehr positiv.

DOMRADIO.DE: Was könnten die Katholiken hier bei uns von denen in Guinea-Bissau lernen?

Br. Armando: Ich glaube, wir geben in Sachen friedliches Zusammenleben mit anderen Religionen ein gutes Vorbild ab. Das gilt übrigens für das Zusammenleben im Allgemeinen. Auch die unterschiedlichen Stämme zum Beispiel haben sich bei uns immer gegenseitig geholfen.  

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Franziskaner

Der heilige Franz von Assisi (1181/82-1226) gründete zwischen 1210 und 1220 den Orden der Franziskaner, der sich bis heute auf vielen Gebieten für Gerechtigkeit und Frieden einsetzt. Mit Suppenküchen und Kleiderkammern helfen die Patres und Brüder Menschen in Not. Außerdem leisten sie Seelsorge in Gefängnissen, Altenheimen und Krankenhäusern. In Initiativen und Menschenrechtsgruppen engagieren sich Franziskaner für Umweltschutz und eine gerechtere Wirtschaft.

Orden der Franziskaner / © Dr. Gilad Fiskus (shutterstock)
Orden der Franziskaner / © Dr. Gilad Fiskus ( shutterstock )
Quelle:
DR