EU-Delegationsleiter lobt Dynamik der Dubai-Klimakonferenz

"Man muss ein gutes Vorbild sein"

Die vergangenen zwei Wochen haben sich Delegierte aus aller Welt zum 28. Weltklimagipfel in Dubai getroffen. Die Delegation des EU-Parlamentes wurde von Peter Liese geleitet. Zu welchen Entschlüssen ist man in Dubai gekommen?

Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesaußenministerin, geht vor einer Wand mit der Aufschrift COP28UAE / © Hannes P Albert (dpa)
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesaußenministerin, geht vor einer Wand mit der Aufschrift COP28UAE / © Hannes P Albert ( dpa )

DOMRADIO.DE: Im Abschlussdokument der Weltklimakonferenz ist zwar nicht der Ausstieg aus fossiler Energie, jedoch die Abwendung gegenüber Kohle, Gas und Öl thematisiert worden. Hat Dubai doch noch die Kurve bekommen? 

Peter Liese (Europaabgeordneter der CDU für Nordrhein-Westfalen in der Europäischen Volkspartei und Delegationsleiter des Europäischen Parlaments bei der Klimakonferenz): Ich denke schon. Mittwochmorgen bin ich durch diesen neuen Entwurf positiv überrascht worden. Es war nicht realistisch, dass der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen mit konkreten Datum ohne irgendwelche Ausnahmeregeln und Schlupflöcher beschlossen wird.

Dass wir überhaupt die Abkehr in einem offiziellen Dokument der Weltgemeinschaft haben, ist ein wichtiges Signal an alle Regierungen, jedoch auch an alle Investoren. Ich habe es erst nicht geglaubt, aber ich denke, dass sie die Kurve bekommen haben. In einigen Jahren wird man die Klimakonferenz von Dubai als historisch bezeichnen. 

Dr. Peter Liese (MdEP) (KNA)
Dr. Peter Liese (MdEP) / ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie haben die Delegation des Europaparlaments geleitet. Wie waren die beiden Wochen für Sie persönlich? 

Liese: Wir haben mit der Ratspräsidentschaft und dem Klimakommissar Wopke Hoekstra zusammengearbeitet. Es war ein Auf und Ab. 

Wer jemals in Dubai war oder es aus dem Fernsehen kennt, weiß, dass es sich um reiches Land handelt. Trotzdem werden Sie bei der Klimakonferenz immer noch als Schwellenland gelistet. Sie haben sich aber zu ihrer Verantwortung bekannt und in den Topf für Schäden und Verluste eingezahlt. Zu Beginn war es ein großer Erfolg, zwischendurch war es jedoch sehr zäh.

Aber der Europäischen Union ist es gut gelungen, eine Allianz mit den am wenigsten entwickelten Ländern, mit den kleinen Inselstaaten und mit den Amerikanern unter John Kerry zu bilden. Das hat am Ende auch dieses recht positive Ergebnis ermöglicht. 

Peter Liese

"Es wird oft in Deutschland und in Europa so getan, als ob man alleine das Klima retten könnte."

DOMRADIO.DE: Europa hat sich für einen ambitionierteren Klimaschutz ausgesprochen. Bringt es etwas, wenn die EU alleine vorangeht? Die großen Emissionen kommen aus ganz anderen Ländern, wie China oder der USA. 

Liese: Ja, das ist mein wichtigstes Thema auch auf dieser Konferenz gewesen. Es wird oft in Deutschland und in Europa so getan, als ob man alleine das Klima retten könnte. Man ist sehr ambitioniert. Die Ziele sind nur mit Anstrengungen zu erreichen. Man verliert die Unterstützung der Bevölkerung, wenn man sich öffentlich für Klimaschutz ausspricht, jedoch sieht, dass die Emissionen in anderen Teilen der Welt deutlich steigen.

Es war mir wichtig, das deutlich zu machen, beispielsweise auch in einem Gespräch mit dem chinesischen Chefunterhändler, aber auch mit Vertretern aus den Emiraten. Da ist in den letzten Jahren doch etwas in Bewegung gekommen.

Für mich war die positivste Überraschung, dass es sogar republikanische Senatoren und "Kongressmen" in den USA gibt, die sich aktiv für den Klimaschutz einsetzen. Viel liegt noch vor uns. Es haben jedoch auch fast alle anderen Regionen der Welt mittlerweile Ziele für die Klimaneutralität aufgestellt. Die Dynamik ist auf jeden Fall positiv. 

Peter Liese

"Wer nicht gläubig ist, sollte sich zumindest fragen, was er irgendwann seinen Enkelkindern erzählt, wenn sie fragen, ob man etwas für das Klima getan hat."

DOMRADIO.DE: Ursprünglich war auch ein Auftritt von Papst Franziskus geplant. Aus Gesundheitsgründen musste dieser abgesagt werden. Seine Rede wurde trotzdem verlesen. Der Klimawandel bedrohe das Leben von Millionen von Menschen und deshalb brauche es eine weltweite Klimaallianz. Werden diese Worte des Papstes überhaupt gehört?

Liese: Der Papst spielt schon eine wichtige Rolle. Ich habe das schon vor vielen Jahren sehr positiv gesehen, dass er durch die Enzyklika "Laudato si" die Welt zum Handeln aufgefordert hat. Zumindest in den katholischen Ländern wird das gehört, beispielsweise in Lateinamerika, aber auch bei den Katholiken in den USA ist das schon ein Argument. Für mich ganz persönlich ist es eine ganz wichtige Motivation. Als Christ müssen wir uns für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. 

Ich glaube, als Katholik irgendwann vor meinen Schöpfer treten zu müssen und gefragt zu werden, was ich getan habe, um Probleme zu lösen. Ich kann nicht antworten, ich hätte nichts gemacht, weil die Chinesen auch nichts gemacht haben. Das widerspricht meinem Verständnis von christlichem Glauben.

Wer nicht gläubig ist, sollte sich zumindest fragen, was er irgendwann seinen Enkelkindern erzählt, wenn sie fragen, ob man etwas für das Klima getan hat. Man muss ein gutes Vorbild sein. Man muss auch zeigen, dass es technologisch möglich ist, Industrieland bleiben zu können und andere damit überzeugen, jedoch gleichzeitig Druck auf andere ausüben. 

DOMRADIO.DE: Dass das 1,5-Grad-Ziel der globalen Klimaerwärmung noch eingehalten werden kann, klingt fast ausgeschlossen. Was macht Ihnen gerade als gläubiger Katholik Hoffnung für den Klimaschutz? 

Liese: Zunächst muss man sagen, dass 1,5-Grad-Ziel ist ein politisch gesetztes Ziel. Es gibt gute Gründe dafür. Es ist wissenschaftlich gesichert, denn bei 1,5 Grad ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir gefährliche Punkte erreichen, die den Klimawandel für unsere Kinder und Enkelkinder nicht mehr kontrollierbar machen, noch relativ gering.

Ich hatte auch Gelegenheit, mit dem Vorsitzenden des Weltklimarates, also dem Wissenschaftsgremium, zu sprechen. 1,6 ist besser als 1,7, 1,8 ist besser als 1,9. Es lässt sich nie genau sagen, wann welche Kipppunkte eintreten. 

Deswegen sage ich realistisch, dass man das 1,5-Grad-Ziel voraussichtlich nicht schaffen wird. Wenn die Dynamik jedoch so weitergeht wie in Dubai, wäre das aber schon sehr hilfreich.

Wir hatten am Anfang des Prozesses der Klimakonferenzen ein Szenario, dass die Temperaturerhöhung 5,0 bis 6,0 Grad betragen würde. Jetzt steht man bei 2,5 bis 2,8 Grad. Durch Dubai ist man ein Stück weiter in Richtung zwei Grad gekommen. Dafür lohnt es sich zu engagieren. 

Das Interview führte Dagmar Peters.

Weltklimakonferenz COP28 in Dubai

Vor Beginn der Weltklimakonferenz in Dubai hat sich der Konferenz-Vorsitzender Sultan al-Dschaber zuversichtlich gezeigt. "Ich muss vorsichtig optimistisch sein", sagte er in einem Interview der britischen Zeitung "The Guardian" (Mittwoch). Aber er denke, dass die Voraussetzungen dafür da seien, ein "nie da gewesenes Ergebnis, auf das wir alle hoffen", zu liefern.

Forderung nach 1,5 Grad Klimaziel bei einer Demonstration am Rande der UN-Weltklimakonferenz COP27 / © Christophe Gateau (dpa)
Forderung nach 1,5 Grad Klimaziel bei einer Demonstration am Rande der UN-Weltklimakonferenz COP27 / © Christophe Gateau ( dpa )
Quelle:
DR