Bischöfe äußern sich an Fronleichnam auch politisch

"Können und dürfen als Kirchen nicht schweigen"

Am zweiten Donnerstag nach Pfingsten feiert die katholische Kirche weltweit das Hochfest Fronleichnam, offiziell heißt es Hochfest des Leibes und Blutes Christi. Bischöfe melden sich zu Wort, aus Köln und auch vom Katholikentag.

Pontifikalamt an Fronleichnam mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki am Kölner Dom. / © Beatrice Tomasetti  (DR)
Pontifikalamt an Fronleichnam mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki am Kölner Dom. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

In Köln zelebrierte Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki einen Gottesdienst auf dem Roncalliplatz. In seiner Predigt stellte Woelki das Teilen ins Zentrum. Teilen des Brotes, des Lebens und der Freude: "Lebensfreude ist ein Grundzug des Christen überhaupt. Vom Ja Gottes getragen und vom Brot des Lebens genährt und gestärkt, kann ihm das Leid, das ihn trifft, zwar zusetzen, sogar arg zusetzen. Aber die Freude kann das Leid nicht zerstören. Leben und Lebensfreude sind Gaben zum Weitergeben."

Wir Katholiken feiern an Fronleichnam das Ja Gottes an uns, erklärte Woelki weiter, dass er uns in Wein und Brot zur Speise reiche. Nach dem Pontifikalamt zog die Glaubensgemeinschaft mit einer Prozession durch Köln in den Dom ein.


Fronleichnam beim Kaholikentag 

Mehrere Bischöfe haben beim Katholikentag in Erfurt der Forderung widersprochen, die Kirche solle sich aus der Politik heraushalten. "Unser Gott ist parteiisch", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, bei einem Empfang der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. "Er steht auf der Seite der Gerechten, des Rechts." Daher äußere sich die Kirche oft zu Fragen des Friedens, der Klima- und Asylpolitik sowie gegen den völkischen Nationalismus.

Auch wenn das Christentum in Deutschland zu einer Minderheit werde, müsse die Kirche ihren Beitrag zum Frieden leisten, sagte Bischof Bätzing am Mittwochabend. "Wir wollen nicht die Frage stellen: Was wird denn aus uns? Sondern immer mehr in die Frage hineinwachsen: Für wen sind wir da?" Die Kirche wolle zum Wohlergehen aller Menschen im Land beitragen, nicht nur der Christen.

Auch der Magdeburger Bischof Gerhard Feige wandte sich gegen die Vorstellung, Kirche dürfe sich nicht in die Politik einmischen. In seinem Predigttext zur katholischen Fronleichnamsfeier am Donnerstagabend erinnerte er an die Zeit des Nationalsozialismus und Kommunismus, in der der Glaube ins Private zurückgedrängt wurde: "Das Christentum sollte höchstens noch auf Gottesdienst und Sakristei beschränkt sein oder als private Gefühlsangelegenheit im stillen Kämmerlein dahinvegetieren dürfen."

Ulrich Neymeyr, Bischof von Erfurt, steht vor dem Fronleichnams-Gottesdienst zum 103. Deutschen Katholikentag auf dem Domplatz Erfurt / © Jan Woitas (dpa)
Ulrich Neymeyr, Bischof von Erfurt, steht vor dem Fronleichnams-Gottesdienst zum 103. Deutschen Katholikentag auf dem Domplatz Erfurt / © Jan Woitas ( dpa )

"Kirchen dürfen nicht schweigen"

Auch heute versuchten manche Gruppierungen wieder, Religion ins Abseits zu drängen, sagte Feige. Unter Verweis auf die Neutralität des Staates werde die Kirche aufgefordert, sich auf ihre Kernkompetenz zu konzentrieren und nur die religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu erfüllen. Feige hielt dagegen: "Wenn es grundsätzlich und konkret um die Würde und Freiheit eines jeden Menschen geht, die Achtung der Menschenrechte und das Gemeinwohl, den Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, können und dürfen wir als Kirchen nicht schweigen."

Laut Mitteilung der Veranstalter feierten rund 6.000 Menschen am Donnerstagvormittag auf dem Erfurter Domplatz einen ökumenischen Gottesdienst zum Fest Fronleichnam. Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr predigte bei regnerischem Wetter zusammen mit der Sprachwissenschaftlerin Ulrike Lynn über das biblische Motto des Katholikentags "Zukunft hat der Mensch des Friedens". Christen dürften sich nicht entmutigen lassen in ihrem Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden - "auch wenn wir damit auf Ablehnung stoßen", sagte Neymeyr.

Bischof Meier will mit Prozession provozieren

Im Augsburger Dom äußerte sich Bischof Bertram Meier ähnlich politisch. Er sieht in Fronleichnamsprozessionen ein Mittel gegen Gleichgültigkeit und Unwissenheit. Diese Prozessionen seien eine echte Provokation, sagte Meier laut Manuskript am Donnerstag im Augsburger Dom: "Provocare heißt: hervorrufen, herausrufen. Wenn wir nachher auf die Straße gehen, wollen wir die Menschen provozieren, sie herauslocken aus ihrer Reserve, aus ihrer Gleichgültigkeit und Unwissenheit; ja, vielleicht erwächst daraus sogar eine neue Nachdenklichkeit darüber, was wir denn da tun als katholische Christinnen und Christen."

Bertram Meier, Bischof von Augsburg / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Bertram Meier, Bischof von Augsburg / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Außerdem rief der Bischof zur Teilnahme an der Europawahl auf: "Die Irrwege, die unser Volk vor knapp hundert Jahren gegangen ist, dürfen sich nicht wiederholen. Wir wollen solche Wege nicht gehen. Sie schaden unserer Stadt, sie schaden unserem Land, sie schaden Europa», führte Meier aus: "Gehen Sie am 9. Juni wählen und erteilen Sie Gruppierungen eine Absage, die menschenverachtende, demokratiefeindliche und völkisch-nationalistische Ideen fördern wollen. Gerade aus unserer Geschichte können wir lernen, wie ein Volk, das einem Menschen Heil zurief und damit sich selbst und die Welt ins Unheil brüllte."

Würdigung des Nutzlosen

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat zu Fronleichnam "die Notwendigkeit des Nutzlosen" gewürdigt. Er empfindet das Feiern von Gottesdiensten wichtig für die gesamte Gesellschaft. "Nicht mehr der Nutzen gilt, es gelten andere Gesetze: die Logik Gottes", sagte Marx laut seiner Pressestelle an Fronleichnam im Münchner Liebfrauendom zum Thema Gottesdienst. Er habe damit an die Funktion von Liturgie und Eucharistie erinnert, hieß es: "Nicht wir geben Gott etwas, er gibt uns alles: Das feiern wir!" Dass es diesen Raum gebe, sei "notwendig für die ganze Gesellschaft", so der Kardinal.

"Die Bösen sind nicht die, die anders aussehen"

Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl hat vor der Ausgrenzung von andersartigen Menschen gewarnt. Gottes Treue schenke Sicherheit und Halt, sein Bund mache stark im Kampf gegen das Böse, sagt Gössl laut seiner Pressestelle an Fronleichnam im Bamberger Dom.

"Aber dieses Böse, das sind nicht die anderen, die nicht zum Bündnis gehören, die anders aussehen, anders denken und reden", betonte Gössl. Gottes Bund habe stets alle Menschen im Blick, er grenze niemanden aus.

(Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 30.05.2024 um 16:17 Uhr aktualisiert.)

Live vom Katholikentag in Erfurt

DOMRADIO.DE überträgt folgende Gottesdienste und Konzerte live vom Katholikentag in Erfurt:

Mittwoch 29. Mai 2024

  • 18:00 Uhr Eröffnung (mit freundlicher Genehmigung des mdr)

Donnerstag 30. Mai 

  • 10:00 Gottesdienst zu Fronleichnam (mit freundlicher Genehmigung des mdr)

Donnerstag, 30. Mai

Eine gehisste Flagge des Katholikentages in Erfurt. / © Ina Rottscheidt (DR)
Eine gehisste Flagge des Katholikentages in Erfurt. / © Ina Rottscheidt ( DR )

 

Quelle:
KNA
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