25 Jahre "Kölner Kette" für Schuldenerlass

Als Bono und Bob Geldof zum Dom kamen

Vor 25 Jahren haben 40.000 Menschen am Rande des G8-Gipfels in Köln die Entschuldung der ärmsten Länder der Welt gefordert. Mit dabei waren auch die beiden Musiker Bono und Bob Geldof. Jetzt soll es eine Neuauflage geben.

Bob Geldof (l.) und Bono von U2 (zw.v.l.) im Kölner Domforum im Jahr 1999 (Domforum Köln)
Bob Geldof (l.) und Bono von U2 (zw.v.l.) im Kölner Domforum im Jahr 1999 / ( Domforum Köln )

DOMRADIO.DE: Vor 25 Jahren, am 19. Juni 1999, überreichten die Rockstars Bono von U2 und Bob Geldof dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder im Schatten des Domes 21 Millionen Unterschriften für die Entschuldung der ärmsten Länder auf der Welt. Das geschah am Rande des G8-Gipfels in Köln. Anschließend gaben die beiden Musiker eine Pressekonferenz im Domforum, das fast aus allen Nähten platzte, 200 Journalisten aus aller Welt waren dabei. Wie haben Sie das damals erlebt? 

Rainer Tüschenbönner ist seit 2011 Leiter des Domforums. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Rainer Tüschenbönner ist seit 2011 Leiter des Domforums. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Rainer Tüschenbönner (Leiter des Domforums): Das war ziemlich bewegend, weil diese Musiker und diese Songs die ganze Welt kannte. Die beide hier im Haus zu haben, wo sie sich als Unterstützer vehement für die Entschuldung der ärmsten Länder der Erde einsetzten, war schon eine ziemlich starke Nummer. 

DOMRADIO.DE: Bono und Bob Geldof hatten kurz vorher gemeinsam mit der Gründerin der Entschuldungskampagne Ann Pettifor symbolisch 21 Millionen Unterschriften an den damaligen Bundeskanzler und Gipfelgastgeber Gerhard Schröder übergeben. Tatsächlich lagerten die aber im Domforum?

Tüschenbönner: Ja, die lagerten hier im Domforum und zwar an der Ecke, wo die beiden Glasfronten an der Domplatte aufeinandertreffen. Das war ein riesiger Berg Papier. Aus aller Welt waren uns in den Wochen zuvor Unterschriftenlisten zugeschickt worden und der Rest kam von der Erlassjahrkampagne aus Düsseldorf.

Das war schon sehr beeindruckend, was da alles zusammenkam. Und davon ist dann ein kleiner Teil symbolisch an Bundeskanzler Schröder übergeben worden. 

DOMRADIO.DE: Später gab es auch noch eine Menschenkette in der Innenstadt, bei der rund 40.000 Menschen den Schuldenerlass der Entwicklungsländer forderten. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Rainer Tüschenbönner

"35.000 bis 40.000 Leute beteiligten sich damals, das war natürlich ein immenses Unterfangen."

Tüschenbönner: An die große Kette im Grunde gar nicht, weil wir uns um die Journalisten kümmern mussten. Es waren Fernsehteams aus aller Welt hier, die das alles mitverfolgten und die Bilder aus dem fünften Stock des Domforums auf die Domplatte machten, weil ein Teil der Menschenkette auch um den Dom herum verlief. 35.000 bis 40.000 Leute beteiligten sich damals. Das war natürlich ein immenses Unterfangen. 

Eine-Welt-Aktivist und U2-Sänger BONO und der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sowie Jubilee-2000-Gründerin Ann Pettifor (re.) / © Robert Boecker (Kirchenzeitung Koeln)
Eine-Welt-Aktivist und U2-Sänger BONO und der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sowie Jubilee-2000-Gründerin Ann Pettifor (re.) / © Robert Boecker ( Kirchenzeitung Koeln )

DOMRADIO.DE: Die Aktion hatte Erfolg: Beim G8-Gipfel, der zeitgleich in Köln tagte, wurde eine weitreichende Entschuldung beschlossen. Warum war das etwas Besonderes?

Tüschenbönner: Das war insofern etwas Besonderes, weil sich die Aktivisten jahrelang dafür eingesetzt hatten und weil das vermutlich nicht passiert wäre, hätte es nicht dieses immense weltweite Engagement gegeben. Die Regierungschefs nahmen damals wahr, dass das für die armen Länder finanziell einfach nicht mehr zu stemmen war: die Verflechtungen, die ungerechten Wirtschaftsstrukturen, da musste etwas passieren.

Darum kam dieser Entschuldungsbeschluss beim G8 Gipfel zustande, der aber dann eher mäßig gut umgesetzt wurde, sodass die Staaten heute wieder an dem Punkt sind, an dem sie vor dem Beschluss vor 25 Jahren waren. 

DOMRADIO.DE: Die Beschlüsse waren also nicht nachhaltig, heute lebt jeder Fünfte in einem Land, das in eine akute Schuldenkrise geraten könnte. Der Papst fordert auch immer wieder die bedingungslose Entschuldung der armen Länder des Südens. Warum ist das auch ein christliches Anliegen?

Rainer Tüschenbönner

"Das ist ein zutiefst christliches Anliegen, weil es darum geht, allen Menschen ein Leben in Würde, Zufriedenheit und materieller Sicherheit zu ermöglichen."

Tüschenbönner: Das ist ein zutiefst christliches Anliegen, weil es darum geht, allen Menschen ein Leben in Würde, Zufriedenheit und materieller Sicherheit zu ermöglichen. Erst daraus folgen Möglichkeiten für Bildung und Entwicklung, auch für die persönliche Entwicklung. Das gilt für den Einzelnen wie auch für Staaten.

Das sind Ziele, die im konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung seit vielen Jahren von Christinnen und Christen aller Konfessionen vertreten waren und die auch in den politischen Kontext eingepreist worden sind. 

Und wenn wir auf die Verschuldungskrise schauen, die auch heute noch virulent ist: Die Kosten für die Klimaveränderungen und deren Auswirkungen beispielsweise werden in der Regel von den ärmsten Ländern der Erde getragen.

Es ist die Aufgabe von Christinnen und Christen, an der Seite dieser Menschen zu stehen und die Politik dazu zu bewegen, durch Staateninsolvenzverfahren einen Schnitt an dieser Stelle zu machen und den betroffenen Länder einen neuen Start zu ermöglichen. 

DOMRADIO.DE: An dieses Ereignis vor 25 Jahren wollen Sie hier im Domforum an diesem Dienstag erinnern: Was planen Sie?

Tüschenbönner: Wir fangen mit dem Mittagsgebet um 12 Uhr im Dom an. Msgr. Robert Kleine, der Dom- und Stadtdechant wird es als ein Friedensgebet für eine gerechte Welt feiern. Um 16.30 Uhr beginnt auf dem Kardinal-Höffner-Platz eine Kundgebung. Wir haben eine Bühne, die unter unseren Arkaden stehen wird, wie vor 25 Jahren.

Um 17.30 Uhr bilden wir dann symbolisch eine Menschenkette um den Kölner Dom, zumindest soweit das mit der Baustelle möglich ist, um an die große Kölner Kette vor 25 Jahren zu erinnern.

Und um 19.00 Uhr beginnt die Abendveranstaltung "Engagement verbindet: 25 Jahre Kölner Kette, 25 Jahre Einsatz für faire Entschuldung", an der unter anderem die frühere Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul teilnehmen wird, ebenso wie viele andere Engagierte, damit wir noch mal ein Zeichen von Köln aus in die Welt senden.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR